Von Michael Mosuch / RED
Die schwarz-rote Koalition hat ihren Rentenstreit beigelegt – zumindest offiziell, denn inoffiziell wird eher ein Flickenteppich als ein Kompromiss präsentiert. Das Rentenpaket bleibe unverändert, erklärten Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) auf einer Pressekonferenz am Morgen. Ein Begleittext soll die 18 Abgeordneten der bislang protestierenden Jungen Gruppe nun milde stimmen. Diese hatte am lautesten gegen die Pläne gewettert und gedroht, mit ihren 18 Stimmen das Paket zu Fall zu bringen. Bislang das lauteste Alarmglöckchen bei den Rentenplänen, bekommt die Junge Gruppe statt einer inhaltlichen Korrektur nun ein politisches Trostpflaster in Textform.
Kern des Rentenplans: Das Rentenniveau soll bis 2031 stabil bei 48 Prozent bleiben – dagegen hatte die Junge Gruppe nichts einzuwenden. Aber dass dieses Niveau auch nach 2031 stabil bleiben soll, empfand der CDU-Nachwuchs als finanzielles Himmelfahrtskommando. Die Kosten wären horrend, warnten sie – und beim Thema Milliarden bekommt die CDU-Nachwuchselite sofort Ausschlag.
Nun einigt sich die Koalition also darauf, 2026 eine umfassende Rentenreform nachzuliefern. Zuständig wird eine Kommission, die spätestens Ende des zweiten Quartals ersten Reformstoff abliefern soll. Damit verschiebt Schwarz-Rot die eigentlichen Probleme auf später – eine in Berlin tief verankerte Tradition, die zuverlässig über Legislaturperioden hinweg gepflegt wird.
Im Begleittext verspricht die Koalition zudem, Wege zu finden, wie das Rentenniveau langfristig finanziert werden kann. Wie diese Wege aussehen, weiß niemand, aber immerhin wurde ein Nachhaltigkeitsfaktor erwähnt. Dieser soll verhindern, dass die Ausgaben angesichts immer mehr Rentnerinnen und Rentner komplett explodieren. Gleichzeitig sollen Beitragssätze zehn Jahre stabil bleiben – ein ambitionierter Wunsch, der in der Realität wohl nur mit strukturellem Optimismus oder politischer Amnesie erreichbar ist.
Der Text kündigt auch einen neuen Nachholfaktor an, der den Ausgleichsbedarf abarbeiten soll, der durch die Haltelinie entsteht. Im Klartext: Was man heute nicht kürzen darf, soll später doppelt gekürzt werden dürfen. Ein Konzept, das schon in der Vergangenheit vor allem Ärger, aber erstaunlich wenig Haltbarkeit produziert hat.
Noch brisanter: Das Renteneintrittsalter soll geprüft werden – ein Thema, das die SPD eigentlich lieber in einem Panzerschrank im Keller der Parteizentrale eingeschlossen hätte. Für die SPD ist das außerdem ein Tabubruch – und ungefähr so, als würde man vorschlagen, SPD-Parteitage künftig ohne Kaffee durchzuführen. Auch eine mögliche Einbeziehung weiterer Einkommensarten und Berufsgruppen in die Rentenversicherung steht auf der Agenda. Ein altes sozialpolitisches Evergreen, das regelmäßig angekündigt und regelmäßig nicht umgesetzt wird.
Parallel dazu setzt die Koalition auf private Vorsorge. Mit einem staatlich befüllten Aktienpaket von zehn Milliarden Euro soll die junge Generation fürs Alter sparen. Kanzler Merz kündigt dafür Verkäufe staatlicher Beteiligungen an Telekom, Post und Commerzbank an. Ein Ausverkauf mit dem Charme eines Schlussverkaufs – nur dass es nicht um Winterjacken, sondern um die Altersvorsorge der gesamten Republik geht.
Am Ende steht eine Einigung, die vor allem eins tut: Zeit kaufen. Die eigentlichen Entscheidungen überlässt die Koalition einer Kommission, der Zukunft und der Hoffnung, dass niemand genauer nachrechnet.
