Von Michael Mosuch / RED
Nach monatelangen Diskussionen haben sich Union und SPD auf ein neues Wehrdienstmodell geeinigt. Künftig sollen alle jungen Männer ab 18 Jahren flächendeckend gemustert werden – erstmals wieder seit Aussetzung der Wehrpflicht 2011. Frauen erhalten ebenfalls Post von der Bundeswehr, allerdings auf freiwilliger Basis.
Ab Januar 2026 sollen die ersten Fragebögen verschickt werden. Gefragt wird nach Gesundheit, Ausbildung und Interesse am Dienst. Für Männer ist das Ausfüllen verpflichtend, für Frauen optional. Wer nicht reagiert, riskiert eine Geldstrafe. Ab Sommer 2027 beginnen dann die Musterungen – diesmal nicht in alten Kreiswehrersatzämtern, sondern in neu eingerichteten Zentren, oft mitten in den Städten. Dort wird geprüft, wer geeignet scheint, fürs Vaterland zu dienen. Betrunken zu erscheinen, hilft übrigens nicht: Dann gibt’s einfach einen neuen Termin.
Doch Sollte sich auf freiwilliger Basis nicht genug Nachwuchs finden, kann der Bundestag eine sogenannte „Bedarfswehrpflicht“ beschließen. Dann würde per Losverfahren entschieden, wer einrücken muss. Ziel sei es, die Bundeswehr auf rund 260.000 Soldatinnen und Soldaten aufzustocken – ein ehrgeiziges Vorhaben angesichts von aktuell etwa 180.000.
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) spricht von einem „modernen, gerechten System“, das Transparenz und Planungssicherheit schaffen soll. Für ihn ist die flächendeckende Musterung auch eine Art Bestandsaufnahme: Wer ist überhaupt in der Lage, im Verteidigungsfall zu dienen?
Neu geregelt wird auch der Status der Dienstleistenden. Wer sich mindestens zwölf Monate verpflichtet, erhält künftig den Status „Soldat auf Zeit“ – oder SAZ1. Kürzere oder längere Verpflichtungen (bis zu 25 Jahren) bleiben möglich. Zudem sollen mehr Ausbildungsplätze und Kasernen geschaffen werden – derzeit ein Engpass, der eine sofortige Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht verhindert.
Frauen bleiben weiterhin von einer Wehrpflicht befreit, da das Grundgesetz die Wehrpflicht nur für Männer vorsieht. Eine Änderung der Verfassung ist derzeit nicht absehbar und nicht vorgesehen. Transpersonen, die das männliche Geschlecht angenommen haben, sind allerdings zur Teilnahme am Auswahlverfahren verpflichtet.
Die Regierung will das Wehrdienst-Modernisierungsgesetz am 5. Dezember beschließen. Für viele ist es ein Schritt zurück zu alten Strukturen – für andere ein notwendiger Versuch, Deutschlands Verteidigungsfähigkeit zu sichern. Ob sich am Ende genug junge Menschen freiwillig melden oder doch das Los entscheidet, bleibt offen. Sicher ist nur: Die Bundeswehr verschickt bald wieder Post.
